Sonderausstellung im Heimatmuseum Günzburg: Jesulein und Fatschenkind
Ab 17.12.2016 im Heimatmuseum Günzburg: Sonderausstellung “Jesulein und Fatschenkind”
Fatschenkinder haben eine lange Tradition. Schon im Mittelalter war es üblich, Novizinnen beim Eintritt ins Kloster puppenartige Jesusfiguren mitzugeben – als „Trösterlein“ in einer abgeschiedenen Welt, wie es im Volksmund hieß. „Jesulein und Fatschenkind“ lautet der Titel einer Sonderausstellung, die ab Samstag, 17. Dezember, im Günzburger Heimatmuseum zu sehen ist. Mehr als 100 Stücke hat Museumskurator Rudolf Kombosch für die sehenswerte Schau zusammengetragen. Sie zeigen die ganze Bandbreite in- und ausländischer Fatschenkinder – von prächtig gestalteten, mehr als 250 Jahre alten Jesusdarstellungen bis zum gelegentlichen Kitsch heutiger Tage.
Fatschenkinder: Aufwendig gefertigte Kunstwerke
Jesus war, so berichtet der Evangelist Lukas, in Windeln gewickelt. Fascia nannten die Römer solche Wickelbänder. Noch bis ins 19. Jahrhundert war es üblich, kleine Kinder zu fatschen, also mit Bändern und Binden zu umwickeln.
Mit dieser eher schlichten Variante haben die meisten Fatschenkinder, die noch bis 5. Februar im Heimatmuseum Günzburg zu bewundern sind, überhaupt nichts gemein. Vielmehr sind sie höchst aufwendig gefertigte Kunstwerke. Das Jesuskind ist in teure und dekorative Gewänder gehüllt, meist im Stil der jeweiligen Zeit. Einmal liegt das Fatschenkind in einer fein verzierten Vitrine, ein anderes Mal steht es in einem teuren Glas.
Am Material wurde nicht gespart
Wer es sich leisten konnte, sparte nicht am Material. Das berühmte Salzburger Loreto-Kind war aus Elfenbein geschnitzt, meist wurden die Figuren aber aus Holz gefertigt, auch aus Wachs oder Terrakotta. Nicht immer waren die Darstellungen des Jesuskindes figürlich. In der Sonderausstellung sind auch Hinterglasmalereien oder Verwunderliches wie Backformen zu bestaunen.
Prächtiger Umhang des Jesuskindes mit Günzburger Stadtwappen
Die meisten der Exponate stammen aus zwei Privatsammlungen, einige Fatschenkinder hat sich Kombosch von auswärtigen Museen geliehen. Drei Figuren gehören dem Historischen Verein Günzburg. Darunter eine amüsante Figur, die einst im Besitz der Maria-Ward-Schwestern war. In den prächtigen Umhang des Jesuskindes wurde auf beiden Seiten das Günzburger Stadtwappen eingestickt.
Die meisten der Fatschenkinder stammen aus Deutschland und dem benachbarten Ausland – Österreich, Italien oder Frankreich. Und aus Tschechien, dessen berühmtes Prager Jesuskind für viele Nachahmer stilprägend war. Doch auch selbst im fernen Peru gingen die Fatschenkinder in das Volkstum ein. Sie zeigen häufig den leidenden Christus, kein Wunder angesichts der Geschichte der Ureinwohner Südamerikas.
Im Barock- und im Rokokosaal des Günzburger Heimatmuseums
Das alles und noch viel mehr ist im Barock- und im Rokokosaal des Günzburger Heimatmuseums zu betrachten. Ein lohnender Streifzug durch diesen Teil der christlichen Geschichte. Er veranschaulicht die Opulenz klösterlicher und kirchlicher Fatschenkinder, und er zeigt die nicht minder innige Schlichtheit jener Figuren, die die Bauern und andere kleine Leute einst in ihrem Herrgottseck verehrt hatten.
Die Ausstellung „Jesulein und Fatschenkind“ ist von Samstag, 17. Dezember, bis Sonntag, 5. Februar 2017, im Heimatmuseum Günzburg zu sehen – jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Sonderführungen bietet Rudolf Kombosch am Weihnachtstag, 25. Dezember. Beginn ist jeweils um 14 Uhr.
Von Walter Kaiser